Montag, 27. Juni 2011

11 - Diffusoren

(Vorherige Kapitel: Kapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5aKapitel 5bKapitel 5cKapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9, Kapitel 10)


Was nützt die schönste breitbandige Absorption, wenn das Studio hinterher vollkommen muffelig und "tot" klingt? Natürlich nichts. Um hier Abhilfe zu schaffen, wenden wir uns dem nächsten und vorletzten Bauelement zu, dem Diffusor.

Diffusoren gibt es viele und den unterschiedlichsten Bauweisen.


Hier mal eine tolle Erklärung und eine Übersicht:


http://www.hunecke.de/de/wissen/diffusoren/index.html


Wie bedienen uns bei dem nun folgenden Diffusor einer geometrischen Grundform, nämlich der eines Kreisbogens, der für die Diffusion sorgen soll. Erklärt wird diese (und andere) Formen hier: http://www.hunecke.de/de/wissen/diffusoren/geometrische-strukturen.html.


Was macht denn nun dieser Diffusor? Eigentlich ganz einfach und wieder mal totoal unwissenschaftlich erklärt: Er verteilt auftreffende Schallwellen so, dass eine Reflexion nicht in der geometrischen Richtung stattfindet, in der sie sich normalerweise bewegen würde. Nach dem Prinzip "Einfallswinkel = Ausfallswinkel", was sie spätestens seit der letzten Billard-Partie sicherlich schon mal kennen und lieben (oder hassen) gelernt haben, würde der auftreffende Schall an einer reflektierenden Wand in etwa die gleiche Bündelung haben wie das Ursprungssignal. Das wollen wir vermeiden. Wir möchten, dass die paar trotz des hohen Absorptionsgrades unseres Regieraumes verbleibenden Schallwellen, gleichmäßig über den ganzen Raum verteilt werden, so dass mehrere Punkte erfüllt sind:

  • Erstens vermeiden wir damit das Aufkommen von Raummoden und -senken,
  • zweitens verschafft die Streuung der Reflexionen gleichmäßigen Eindruck innerhalb des Raums, so dass auch bei Verlassen des Sweet-Spot keine allzugroße Hörveränderung eintritt,
  • drittens entsteht rein subjektiv ein angenehmes Gefühl bei der Wahrnehmung in einem mit Diffusoren behandelten Raum, was dem oben beschriebenen "muffeligen" Gefühl bei der Wahrnehmung starkt entgegen wirkt.
Kurzum: Wir kontrollieren also die restlichen verbleibenden Reflexionen, anstatt sie einfach im Raum "rumstehen" zu lassen.

Wir verwenden hierzu wie gesagt einen Kreisbogen. In unserem Fall ist es ein Kreisbogen eines Kreises im Radius von 162,5 cm. Sie sehen schon: Auch das scheint keine zufällig erzeugte Zahl zu sein, sondern ist eine genau berechnete Messgröße. Auch hier wieder der gut gemeinte Rat: Lassen Sie sich das berechnen! Es bringt nichts, das Ganze einfach zu übernehmen.


Trotzdem dürfte das Bauprinzip und auch die Grundüberlegung an sich für Viele "da draußen" interessant sein.


Kommen wir zum Eingemachten... Wie baut man das Ding?


Eigentlich  schon wieder (!) ganz einfach und mehrere Möglichkeiten gibt es auch. Wir haben uns für die "Steinzeitmetode" entschieden...


Man nehme: Ein Brett, auf dem Sie mittig einen Nagel oder besser eine Schraube platzieren. An diese wird ein reißfester Faden gespannt, an dessen anderes Ende ein Stift so fest wie möglich platziert wird. Wer irgendwann mal die Sendung mit der Maus geschaut hat oder ähnliche Wissensshows, müsste erkannt haben, dass wir uns gerade einen wunderbaren Zirkel gebaut haben, mit dem wir in das Lage sind, auch größere Kreisbögen zu zeichnen als nur die für die nicht bestandene Geometrieprüfung im Abitur. Nämlich in unserem Fall die besagten 1,625 Meter.


Klasse! Von hier aus haben wir es wirklich einfach. Wir benötigen für unsere Diffusoren (da es zwei Stück werden) insgesamt 8 Formstücke aus ca. 2 cm dicker Spanplatte (Kostefaktor fast null), die eine Basisfläche von 10 cm x 82,5 cm haben. "Davor" wird sozusagen der Kreisbogen aufgemalt, so dass die Formstücke also an den beiden Außenkanten 10cm Tiefe haben und in der Mitte, also im Scheitelpunkt des Kreisbogens, 15 cm. Das ist eigentlich schon alles. So sehen die Dinger dann aus... Vorn rechts sehen Sie noch unsere Zirkelkonstruktion. Die Bretter ganz vorn im Bild sind die Vorlagen, aus denen die Formstücke geschnitten werden.


Den Schnitt kann man sehr gut mit ein bisschen ruhiger Hand und Mühe mit der Stichsäge selbst hinbekommen, die die Platte, die später aufgebracht werden soll, ohnehin nicht jede millimeterstarke Unebenheit im Schnitt mitbekommt. Es geht darum, dass sich der Kreisbogen später "knickfrei" im gewünschten Radius bildet.


Hier die Kreisbögen (="Formstücke", auf denen später die Frontplatte aufgebracht wird.
Hier endlich gibt es die erste Abweichung zur Bauweise der späteren Konstruktion an der Wand: Im Gegensatz zu den anderen Elementen bauen wir den Diffusor am Boden erst fertig, bevor er an die Wand kommt.


Auch das ist kein Problem: Sie brauchen nur eine Menge Schraubzwingen und legen auf jeweils vier Formstücke (eines "oben", eines "unten", zwei gleichmäßig verteilt über die Länge dazwischen) auf eine Sperrholzplatte zu kleben. Anders hält es eh nicht, aber bevor die besorgte Frage aufkommt, die ich mir auch gestellt habe: "Und DAS soll halten???", hier direkt die Antwort: JA! Das hält! Und wie das hält. Das bekommen Sie nicht mehr ab, wenn Sie die Kreisbögen schön rund hinbekommen haben und über die ganze Front ordentlich Leim auftragen! Also nur Mut und die Platte davor klatschen!


Am besten legt man die Sperrholzplatte (in unserem Fall 4 mm dick, 209 cm hoch und 83,4 cm breit - man muss ja den Kreisbogen berücksichtigen, der eine breitere Diffusorenplatte benötigt, als die Gesamtbreite des Diffusors eigentlich ist!) auf den Boden und bringt ein Formstück nach dem anderen mit ordentlich Leim dort auf. Fangen Sie auf der einen Seite an und drücken Sie ordentlich das Formstück auf die Platte!!!! Sofort ans Ende eine Schraubzwinge anbringen ist essentiell wichtig! Jetzt "rollen" Sie das Formstück auf der Platte ab und enden schließlich auf der anderen Seite des Diffusors. Hier noch schnell eine weitere Schraubzwinge angebracht - fertig. Das machen Sie genau vier Mal pro Diffusor. Wenn Sie es sich ersparen möchten, dass der Diffusor später in sich ungenau ist und damit Gefahr läuft, nicht mehr zu funktionieren, bauen Sie die Rundung des Diffusors bitte in einem Rutsch fertig! Haben wir ein Foto? Leider nicht :-( Dann muss es so weiter gehen.


Wie so oft im Leben bzw. in diesem Blog bringen wir die fertigen Bauelemente mal wieder mit Winkeln an die Wand. Hierzu befestigen Sie einfach ein paar Winkel (2 pro Formstück reichen) an die Formstücke, halten den fast fertigen Diffusor an die Wand, zeichnen die Wandbohrlöcher ein und setzen anschließend die Löcher erst einmal und die dazugehörigen Dübel etc. Nun wir der Diffusor wieder an die Wand gehalten und fertig angeschraubt.

Jetzt ist der Diffusor an der Wand und wir können in die hässlichen Zwischenräume zwischen Wand und Diffusor schauen. Das ist nicht gut und vor allem - Hallo! hier geht es um Akustikbau! - stört uns daran erstmal gar nicht die Optik, sondern die Tatsache, dass hier ein Hohlraum entsteht... Das geht GAR NICHT!


Also mal wieder ab zum Baumarkt und die gute alte Isover TP1-Akustik gekauft. Die wird, wie man gleich auf dem Foto schön sehen kann, zwischen Wand und Diffusor gebracht. Nicht zuviel, so dass man sozusagen einen Körperschallleiter gebaut hat, aber auch nicht zu wenig, sonst wummert's.


Haben wir auch die Dämmwolle drin, stellen wir erstaunt fest (zumindest später bei der Messung des Raums), dass sich - obwohl sich eine massive wenngleich nicht allzu dicke Platte frontal davor befindet - nur ein Teil des Schalls tatsächlich diffus zurück geworfen wird, nämlich der hohe Anteil, der eine gewisse "Frische" beim akustischen Eindruck später verleiht. Tiefe Frequenzen, die es durch die Platte hindurch "schaffen", haben durch diesen Vorgang so viel Energie verloren, dass der Rest bequem durch die Glaswolle noch mal mehr absorbiert wird. Auch hier stellt sich also ein gewisser Absorptionseffekt ein. Sehr gut!


Schlussendlich bringen wir noch Seitenwangen an. Das ist keine große Kunst... In unserem Fall sind das Bretter der Größe 209cm x 10 cm (ach, watt?! Sh. alles oben) und 2,4 mm Dicke, natürlich mal wieder Birke Multiplex wegen der Optik. In diesem Studio musste ein Elektroschalter aus seiner Ursprungsposition genau hinter einem der beiden Diffusoren weichen und eine dazugehörige Steckdose. Diese hängen hier noch etwas unmotiviert herum, weil ich sie schon aus der Ursprungsposition verlegt hatte, aber im Endeffekt geht es später dann nur darum, die mithilfe einer Unterputzdose in die Seitenwange des Diffusors einzubauen.


Hier gibt's wieder ein Fotos - hurra!


Der Diffusor ist an der Wand, die Holräume wurden mit TP-1 Akustik ausgestopft. Man kann schön die "Zwischenbretter" sehen und damit die eigentliche Konstruktion des Diffusors mit den Formstücken, auf die die Frontplatte aufgebracht wird.
Schlussendlich sollte man auch hier wieder der Optik wegen lackieren. Diffusor fertig!


Auf zum letzten Akt: Die schallführenden Elemente an den Seiten...


Die Konstruktion und Dämmung eines Diffusors in der Detailansicht.

So sieht der Diffusor angebracht aus zusammen mit den angrenzenden fertigen Absorbern. Schick, ne?

Hier sieht man den Diffusor von vorne. Es ergibt sich der Eindruck einer "Holzsäule, die vor der Wand steht. Nicht nur optisch ein Highlight, sondern gibt dem Raum eine deutliche "Frische" beim Abhören!

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